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Montafon 2020

Es ist Sonntag. Ich wache früher auf als geplant und um 5:10 Uhr sitze ich bereits im Auto. Liegt es an der frühen Uhrzeit oder an dem Corona bedingten, reduzierten Reiseverkehr? Die Autobahn ist auf jeden Fall leer. Nach einer Tank- und Frühstückspause geht es zügig in Richtung Bregenz und bereits um 9 Uhr stehe ich am Wanderparkplatz in Latschau. Sehr positiv zu erwähnen ist das kostenfreie Parken auf dem recht großen Parkplatz (nicht zu verwechseln mit dem Parkplatz der unterhalb liegenden Seilbahnstation der Golm Bahn).

Bei besten Bedingungen starte ich meine Bergtour. Nur die geteerte Straße trübt den Genuss. Vorbei an idyllisch gelegenen Häuschen nähere ich mich dem Ziel Lindauer Hütte Höhenmeter um Höhenmeter. Nach 1:47 Stunden erreiche ich die Hütte (Angabe im Tal: 2 bis 2,5 Stunden).

Lindauer Hütte
Lindauer Hütte 1.744 Meter

Erst einmal den Wasserverbrauch auf der Sonnenterrasse auffüllen! Ich habe Glück und darf mein Zweibettzimmer bereits beziehen. Normalerweise ist das erst ab 15 Uhr möglich. Schlafsack, Kopfkissenbezug (Corona!!!), Wechselklamotten und Klettersteigausrüstung bleiben im Zimmer und ich starte meinen Aufstieg zu den Drei Türmen. Von der Lindauer Hütte geht es in Richtung Drusentor. Auf ca. 2150 Metern zweigt der nicht markierte Weg zu den Drei Türmen ab (große, rote Beschriftung an einem Felsen). Im ersten Abschnitt sind immer wieder verblasste Markierungen zu erkennen. Zwischen dem kleinen Turm (nur klettertechnisch zu erreichen) und dem mittleren Turm geht es über Geröllfelder und Altschnee zum Einstieg eines versicherten Steigs. Klettersteigset ist dafür nicht erforderlich. Ein Steinschlaghelm ist aber durchaus sinnvoll. Der mittlere Turm ist von der Rückseite über einfache Kletterei erreichbar und wird mit einem Gipfelkreuz gekrönt. Der höhere westliche Turm ist unschwer zu erreichen, lohnt aber meines Erachtens den zusätzlichen Aufwand nicht. Für den Anreisetag eine ordentliche Leistung. Über 1700 Meter im Aufstieg und dann wieder 1000 Meter runter und das Corona bedingt mit zu wenig Training.

Der mittlere der Drei Türme
Der mittlere der Drei Türme 2.782 Meter

Die Lindauer Hütte wurde vor einigen Jahren generalsaniert und die Zimmer und sanitären Anlagen im Neubau sind für eine Berghütte erste Sahne. Sehr viel Holz in Mehrbettzimmern sind kein Vergleich zu manchen uralten Matratzenlagern. Und Duschen (2 Euro für 4 Minuten) sind einfach ein Genuss. Trotzdem wünsche ich mir die alten Berghütten ohne heißes Wasser und Strom zurück. Diese Atmosphäre werden zukünftige Generationen leider nicht mehr erleben.

Die Lindauer Hütte ist professionell organisiert, da können sich einige Restaurants und Hotels im Tal eine Scheibe abschneiden. Sehr fortschrittlich werden Getränke und Essen elektronisch auf einer Karte erfasst, die am Abend abgerechnet wird. Barzahlung ist erwünscht, auch wenn Kartenzahlung möglich ist, immer vorausgesetzt das Internet steht zur Verfügung. Kaum wurde die Essensbestellung elektronisch an die Küche übermittelt, wird das Essen auch schon serviert. Persönlich hat mir die Speckknödelsuppe am besten geschmeckt und wird mir auch die beiden nächsten Tage wieder schmecken.

Blick auf die Drei Türme
Blick auf die Drei Türme (der mittlere mit Gipfelkreuz ist markiert) und die Lindauer Hütte (roter Kreis). Dahinter die Obere Sporaalpe

Der Wetterbericht für den nächsten Tag ist traumhaft und ich plane über den Klettersteig auf die Sulzfluh zu steigen. Ab 7 Uhr gibt es Frühstück und ich bin der erste am Büffet (12,90 Euro). Bereits kurz nach 7:30 Uhr geht es los - leider erst einmal mit einem Abstieg. Nach ca. 20 Minuten teilt sich der Weg und der Pfad schlängelt sich durch Latschen steil bergauf. Kurz vor dem Einstieg empfiehlt es sich bereits die Klettersteigausrüstung anzulegen, um die mögliche Steinschlaggefahr direkt am Einstieg nicht herauszufordern. Kurzweilig geht es am gut gesicherten Klettersteig höher und höher. Die Besonderheit bei diesem Klettersteig: die Gauablickhöhle, durch die der Klettersteig führt und dem Klettersteig seinen Namen verdankt. Eine Stirnlampe oder Taschenlampe ist zwingend erforderlich, bereits nach wenigen Metern verirrt sich kein Lichtstrahl mehr in die Höhle (ganz Vergessliche müssen die Smartphone Lampe nutzen). Der stetig ansteigende Weg über nasses Geröll in der Höhle ist durchgehend mit einem Drahtseil versichert, auf das Einhängen des Klettersteig Sets kann man aber verzichten. Nach knapp der Hälfte geht es kontinuierlich bergab, um nach ca. 350 Metern Finsternis wieder das Tageslicht zur erblicken.

Der Rest des Klettersteiges zieht sich genussvoll die Wand empor. Am Ausstieg befindet sich ein großer Steinmann, der zu einer Rast einlädt. Die Klettersteigausrüstung verschwindet im Rucksack und das Wasser läuft genussvoll die Kehle hinunter. Der Blick zum Sulzfluh Gipfel ist phantastisch, das Ziel ist in greifbare Nähe gerückt. Ich hole die Karte heraus und überlege mir Alternativen für den Rückweg zur Lindauer Hütte. Durch den Rachen zurück? Von unten habe ich gesehen, dass noch sehr viel Schnee darin liegt. Zu riskant? Vielleicht hätte ich mich vorher auf der Hütte informieren sollen. Ansonsten bleibt nur der Weg über die Tilisunahütte. Der gestrige Tag steckt mir in den Knochen - besser gesagt in der Muskulatur und schweren Herzens verzichte ich auf den Sulzfluh Gipfel und steige Richtung Tilisunahütte ab. Einkehren möchte ich auf der Hütte nicht und wähle daher einen oberhalb der Hütte sichtbaren, aber nicht markierten Pfad Richtung Schwarz Scharte - das spart einige Höhenmeter im Ab- und Aufstieg.

Die Schwarze Scharte hat ihren Namen nicht zu unrecht. Schwarzes Gestein hebt sich vom ansonsten braun-grauen Gestein und den grünen Wiesen markant ab. Nach der Scharte geht es steil den Bilkengrat hinunter, die Lindauer Hütte mit den Drei Türmen immer im Blick. Allerdings sollte dem Blick auf den Weg mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, um nicht zu stolpern. Links und rechts des Weges bieten sich aber immer wieder Möglichkeiten zum Rasten und zum Genießen der herrlichen Landschaft.

Soll ich am Dienstag auf eine andere Hütte wechseln? Am Mittwoch muss ich auf jeden Fall absteigen, da ich mich im Wilden Kaiser mit meinem Kletterpartner treffen will. Die Drusenfluh reizt mich noch, also buche ich spontan zwei weitere Nächte auf der Lindauer Hütte. Corona bedingt muss die Buchung online erfolgen, aber in der Hütte habe ich kein Internet. Außerhalb der Hütte ca. 50 Meter entfernt gelingt mir dann die Buchung.

Der Wetterbericht für Dienstag sagt für den Nachmittag Gewitter voraus. Also früh aufstehen und frühstücken, um nach dem Klettersteig auf die Drusenfluh vor dem Gewitter wieder zurück auf der Hütte zu sein. Es ist stark bewölkt und auf dem Rätikon Höhenweg komme ich zügig voran. Noch bevor ich den Abzweig zum Klettersteig Blodigrinne erreiche, fängt es leicht zu regnen an. Mist! Auf den Wetterbericht kann man sich auch nicht mehr verlassen. Ich gehe trotzdem weiter. Ein bisschen Regen ist zu verkraften. Vor den ersten Drahtseilen befindet sich ein heikles Altschneefeld. Sehr vorsichtig arbeite ich mich über den Altschnee zu dem Felsen hinüber. Noch benötige ich kein Klettersteig Set. Durch Geröll geht es steil die Blodigrinne hoch. Vor dem eigentlichen Einstieg - besser gesagt den beiden Einstiegen - stehe ich vor der nächsten Überraschung: der linke Einstieg mit der schwierigeren Variante ist nicht zugänglich - zu viel Altschnee versperrt den Weg an den Felsen. Der leichtere Einstieg, den man üblicherweise als Abstieg benutzt, wird auch von demselben, steilen Altschneefeld blockiert. Allerdings wurde am Felsen ein altes Kletterseil befestigt, an dem man sich hochhangeln kann. Ich setze den Rucksack ab um die Klettersteigausrüstung anzulegen. Jetzt fängt es stark zu regnen an. Ein Blick auf die Wetter App zeigt Starkregen von Westen. Ich bin weit und breit alleine unterwegs und das Risiko ist mir zu hoch. Es gibt nur eine sinnvolle Entscheidung: Absteigen. Bereits auf halben Weg zur Lindauer Hütte hört es auf zu regnen und den Nachmittag verbringe ich bei Sonnenschein auf der Terrasse. Verdammter Wetterbericht.

Klettersteig Blodigrinne
Klettersteig Blodigrinne. Rot die schwere, gelb die leichte Variante. Gut zu sehen das Kletterseil im Schneefeld

Da mir die Gipfel Sulzfluh und Drusenfluh nicht vergönnt waren, werde ich sicherlich wiederkommen.


Gehzeiten

UhrzeitBeschreibungGehzeit
Sonntag, 19. Juli 2020
9:15Wanderparkplatz Latschau 
9:45Gauertalhaus 1.222m0° 30'
10:32Untere Sporaalpe 1.531m1° 17'
11:02Lindauer Hütte 1.744m, Pause bis 11:261° 47'
12:42Abzweigung Drei Türme ca. 2.150m3° 03'
14:20Drei Türme, Mittlerer Turm 2.782m, Pause bis 15:114° 41'
16:00Abzweigung Drei Türme ca. 2.150m5° 30'
16:39Lindauer Hütte 1.744m6° 09'

UhrzeitBeschreibungGehzeit
Montag, 20. Juli 2020
7:37Lindauer Hütte 1.744m 
7:58Abzweigung0° 21'
9:18Abzweigung Rachen1° 41'
9:23Klettersteigset anlegen, bis 9:341° 46'
9:38Einstieg Klettersteig1° 50'
10:48Ausstieg Klettersteig, Pause am Steinmann bis 11:083° 00'
11:38Abzweigung Sulzfluh ca. 2.652m, bis 11:483° 30'
12:46Abzweigung oberhalb der Tilisunahütte4° 28'
13:07Schwarze Scharte4° 49'
14:47Abzweigung, bis 14:556° 29'
15:22Lindauer Hütte 1.744m6° 56'

UhrzeitBeschreibungGehzeit
Dienstag, 21. Juli 2020
7:18Lindauer Hütte 1.744m 
8:11Abzweigung Klettersteig Blodigrinne0° 53'
8:49Schneefeld vor dem Einstieg, Umkehrpunkt, ca. 10 Minuten1° 21'
10:26Lindauer Hütte 1.744m2° 48'

UhrzeitBeschreibungGehzeit
Mittwoch, 22. Juli 2020
7:35Lindauer Hütte 1.744m 
8:51Wanderparkplatz Latschau1° 16'